GATSO GTC-GS11: Messfehler: Dokumente, Prüfungen und Fehlerquellen

von | Aug. 7, 2025 | Verkehrsmesstechnik

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Die Rotlicht- und Geschwindigkeitsüberwachungsanlage GATSO GTC-GS11 ist an zahlreichen Messstellen im öffentlichen Straßenverkehr im Einsatz. Im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeitenverfahren stellt sich für Betroffene und deren Rechtsvertretungen regelmäßig die Frage, ob die erhobenen Messdaten und die Beweisführung formalen und technischen Anforderungen entsprechen.

Für die Überprüfung von Rotlicht- und Geschwindigkeitsverstößen durch Sachverständige stehen spezifische Prüfschritte zur Verfügung, die auf der Grundlage der geltenden technischen Normen und Vorgaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) sowie der herstellerspezifischen Gebrauchsanweisung erfolgen. Ziel einer solchen Überprüfung ist es, sowohl formale als auch technische Fehlerquellen zu identifizieren und transparent zu dokumentieren.

Der vorliegende Beitrag gibt einen strukturierten Überblick über die standardisierten Prüfschritte im Rahmen eines verkehrsmesstechnischen Gutachtens für das Messsystem GATSO GTC-GS11. Besonderes Augenmerk liegt auf der Nachvollziehbarkeit der Messung, der Einhaltung der formalen Vorgaben und der technischen Anforderungen im Bereich der Rotlichtüberwachung.

Leser erhalten einen Einblick, wie die Plausibilität und Korrektheit der Messung systematisch analysiert werden und in welchen Bereichen formale oder technische Fehler auftreten können.

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Technische Beschreibung des Messsystems GATSO GTC-GS11

Das Messsystem GATSO GTC-GS11 ist eine stationäre Anlage zur Überwachung von Rotlicht- und Geschwindigkeitsverstößen an signalisierten Knotenpunkten im öffentlichen Straßenverkehr. Die Anlage ist für den Einsatz an festen Standorten konzipiert und kann mehrere Fahrspuren sowie unterschiedliche Signalgruppen gleichzeitig überwachen.

Systemaufbau

Das GATSO GTC-GS11 besteht aus mehreren Hauptkomponenten:

  • Messeinschub mit Messelektronik, integrierter Digitalkamera (11 Megapixel) und Blitzgerät
  • Induktionsschleifen als Anwesenheits- und Messsensoren, die in die Fahrbahn eingelassen sind
  • Außengehäuse für den Schutz der Komponenten und die Montage auf einem Mast
  • Standortspeicher (bei Rotlichtüberwachung) zur lokalen Speicherung der Messdaten
  • Softwarepaket (z. B. QEView, QCDownload, QCConvert) zur Datensicherung und Auswertung

Der Messeinschub verfügt über Anschlüsse für bis zu vier Fahrspuren und kann die Daten von bis zu drei unabhängigen Signalgruppen einer Wechsellichtzeichenanlage auswerten. Die Komponenten sind modular aufgebaut und können bei Bedarf ausgetauscht werden. Die Verbindung der Induktionsschleifen mit dem Messeinschub erfolgt über definierte Schnittstellen.

Funktionsweise

Das System arbeitet mit zwei wesentlichen Überwachungsfunktionen:

  • Geschwindigkeitsüberwachung
  • Rotlichtüberwachung

Die Induktionsschleifen dienen als Sensoren, um die Anwesenheit und Bewegung von Fahrzeugen zu detektieren. Die Überfahrt eines Fahrzeugs über die Schleifen löst eine Änderung der Induktivität aus, die von der Messelektronik digital erfasst und ausgewertet wird.

Für die Rotlichtüberwachung ist der Einschub zusätzlich mit einer Baugruppe ausgestattet, die den Status der Wechsellichtzeichenanlage (Ampelphasen: Gelb, Rot) erkennt und mit den Fahrzeugsignalen synchronisiert.

Datenaufzeichnung und Falldokumentation

Bei jedem festgestellten Verstoß werden zwei digitale Bilder angefertigt, die die Verkehrssituation dokumentieren. In den Bildern werden relevante Messdaten eingeblendet, darunter:

  • Zeitstempel der Messung
  • Fahrspurkennung
  • Geschwindigkeit des Fahrzeugs
  • Rotzeit bzw. Schleifenauslösungszeit
  • Signalstatus der Lichtzeichenanlage

Die Daten und Bilder werden als verschlüsselte Falldatei gespeichert. Für die spätere Auswertung stehen spezielle Softwarelösungen zur Verfügung, die die Integrität und Authentizität der Falldaten sicherstellen.

Eichpflichtige Komponenten

Für die Anerkennung im amtlichen Messbetrieb müssen der Messeinschub, die Induktionsschleifen (Messbasis) und der Standortspeicher regelmäßig geeicht sein. Die Einhaltung der Eichvorschriften ist Voraussetzung für die gerichtsfeste Verwertbarkeit der Messergebnisse.

Messverfahren beim GATSO GTC-GS11

Messverfahren zur Geschwindigkeitsüberwachung

Technische Funktionsweise

Das GATSO GTC-GS11 verwendet für die Geschwindigkeitsmessung das Prinzip der Weg-Zeit-Berechnung. Je überwachte Fahrspur sind zwei Induktionsschleifen hintereinander in die Fahrbahn eingelassen. Bei der Überfahrt eines Fahrzeugs registrieren diese Schleifen Änderungen der Induktivität.

Der zeitliche Abstand zwischen dem Überfahren der ersten und der zweiten Schleife wird digital gemessen. Aus dem bekannten Abstand der Schleifen und der gemessenen Zeitdifferenz wird die Geschwindigkeit des Fahrzeugs errechnet. Wird ein zuvor definierter Schwellenwert überschritten, wird die Messung als Geschwindigkeitsverstoß gewertet und dokumentiert.

Vereinfachter Ablauf

  1. Ein Fahrzeug fährt über die erste Induktionsschleife (Signal 1 wird ausgelöst).
  2. Das Fahrzeug fährt weiter und überquert die zweite Induktionsschleife (Signal 2 wird ausgelöst).
  3. Das System misst die Zeit, die zwischen den beiden Signalen vergangen ist.
  4. Die bekannte Entfernung zwischen den Schleifen wird durch die gemessene Zeit geteilt, um die Geschwindigkeit zu berechnen.
  5. Liegt die Geschwindigkeit über dem eingestellten Grenzwert, werden zwei Fotos vom Fahrzeug gemacht und die Daten als Falldatei gespeichert.
Messprinzip der Induktionsschleifen GATSO GTC-GS11
Abbildung: Messprinzip der Induktionsschleifen GATSO GTC-GS11

Messverfahren zur Rotlichtüberwachung

Technische Funktionsweise

Bei der Rotlichtüberwachung erkennt das GATSO GTC-GS11 den Status der Lichtzeichenanlage. Mit Beginn der Rotphase startet das System eine elektronische Zeitmessung. Nach einer vordefinierten Sperrzeit – während der keine Verstöße erfasst werden – wird jede Überfahrt der Haltelinie mit den Induktionsschleifen registriert.

Wird eine Überfahrt nach Beginn der Rotphase erkannt, berechnet das System die Rotzeit zunächst an der Position der zweiten Induktionsschleife. Anschließend wird die vorzuwerfende Rotzeit bis zur Haltelinie unter Berücksichtigung der Fahrzeuggeschwindigkeit und des Abstandes zwischen Schleife und Haltelinie rechnerisch ermittelt.

Vereinfachter Ablauf

  1. Die Ampel schaltet auf Rot.
  2. Das System startet eine Stoppuhr (Rotzeit beginnt).
  3. Nach Ablauf der Sperrzeit kann ein Rotlichtverstoß registriert werden.
  4. Ein Fahrzeug fährt über die Induktionsschleifen hinter der Haltelinie – das System erkennt die Überfahrt und misst die Zeit seit Rotbeginn (Schleifenauslösungszeit).
  5. Mit Hilfe der Fahrzeuggeschwindigkeit und dem Abstand von der zweiten Schleife zur Haltelinie errechnet das System die exakte Zeit, zu der die Fahrzeugfront die Haltelinie überfahren hat (vorzuwerfende Rotzeit).
  6. Liegt die Rotzeit über der eingestellten Schwelle (z. B. mehr als 1 Sekunde), werden zwei Bilder aufgenommen und alle Messdaten in einer Falldatei dokumentiert.

Prüfung der Eichung beim GATSO GTC-GS11

Die Eichung von Verkehrsüberwachungsanlagen wie dem GATSO GTC-GS11 ist eine grundlegende Voraussetzung für die Anerkennung der Messergebnisse in Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die Eichung bestätigt, dass das Messgerät innerhalb der festgelegten Fehlergrenzen arbeitet und den Anforderungen der einschlägigen Regelwerke entspricht.

Relevante Vorschriften und Grundlagen

  • Die Anforderungen an die Eichung ergeben sich aus der Mess- und Eichverordnung (MessEV) sowie den einschlägigen PTB-Anforderungen (PTB-A 12.02 für Rotlichtüberwachungsanlagen und PTB-A 12.08 für Weg-Zeit-Messgeräte mit Induktionsschleifen).
  • Die Baumusterprüfbescheinigung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) sowie die Gebrauchsanweisung des Herstellers sind bei der Bewertung der Eichung zu berücksichtigen.

Komponenten, die geeicht sein müssen

Beim GATSO GTC-GS11 umfasst die Eichpflicht grundsätzlich:

  • Messeinschub (zentrale Einheit mit Kamera, Messelektronik, Blitzgerät)
  • Messbasis (Induktionsschleifen für jede überwachte Fahrspur)
  • Standortspeicher (bei Rotlichtüberwachung zur Erfassung der Daten vor Ort)

Jede dieser Komponenten muss über eine gültige, zum Tatzeitpunkt nicht abgelaufene Eichung verfügen.

Erforderliche Nachweise und Dokumente

Für eine vollständige und nachvollziehbare Überprüfung sind folgende Dokumente vorzulegen:

  • Eichscheine des Messeinschubs (mit Angabe von Seriennummer, Eichdatum, Ablaufdatum)
  • Eichscheine der Messbasis bzw. der Induktionsschleifen (je überwachte Fahrspur, mit Seriennummer, Eichdatum, Ablaufdatum)
  • Baumusterprüfbescheinigung der PTB für das konkrete Gerätemodell (GATSO GTC-GS11, PTB 18.15/08.01)
  • Übertragungsprotokolle oder Bescheinigungen über Softwareversionen und verwendete Speichermedien
  • Standortbezogene Dokumentation (Standortspeicher bei Rotlichtüberwachung, Zuordnung zur jeweiligen Messstelle)
  • Hinweis: Ergänzend kann der Nachweis der Übereinstimmung mit der Gebrauchsanweisung erforderlich sein, insbesondere im Hinblick auf die jährlich vorgeschriebene Nacheichung.

Besonderheiten bei der Gutachtenprüfung

  • Alle Eichscheine müssen lückenlos und im Original oder als beglaubigte Kopie vorliegen.
  • Der Eichschein muss die Geräteidentnummer und ggf. die Seriennummer der Messbasis enthalten, um die eindeutige Zuordnung zur Messstelle zu gewährleisten.
  • Bei modular aufgebauten Anlagen ist zu prüfen, ob Messeinschub und alle verwendeten Induktionsschleifen jeweils eigenständig und aktuell geeicht sind.
  • Die Gültigkeit der Eichung muss für den gesamten Zeitraum der Messreihe, insbesondere für den konkreten Messtag, nachweisbar sein.

Mögliche Beanstandungen bei fehlender oder fehlerhafter Eichung

  • Fehlen einer gültigen Eichung einzelner Komponenten führt zur Unverwertbarkeit der Messung.
  • Lückenhafte, unleserliche oder nicht zuordenbare Eichscheine stellen einen formalen Mangel dar.
  • Fehlt die Zuordnung der Induktionsschleifen zur Messstelle, kann das Messergebnis nicht eindeutig einem geeichten System zugeordnet werden.

Im Rahmen des verkehrsmesstechnischen Gutachtens erfolgt die Prüfung der Eichung durch Sichtung und Dokumentation aller eichrelevanten Unterlagen. Erst wenn alle erforderlichen Nachweise vorliegen und die Gerätezuordnung zweifelsfrei erfolgt ist, kann von einer formell gültigen Eichung ausgegangen werden.

Fehlende oder unvollständige Eichunterlagen führen regelmäßig zur Beanstandung der Messung und zur Empfehlung, die Verwertbarkeit der Messergebnisse infrage zu stellen.

Personaleignung beim GATSO GTC-GS11

Die Qualifikation und Schulung des eingesetzten Personals ist ein zentraler Aspekt bei der Überprüfung der formalen Voraussetzungen einer Verkehrsüberwachungsmessung mit dem GATSO GTC-GS11. Die fachgerechte Bedienung des Messsystems ist für die Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit der Messung von entscheidender Bedeutung.

Nachweispflicht und Anforderungen

  • Das eingesetzte Personal muss über eine gültige Schulung für das spezifische Messsystem verfügen.
  • Der Schulungsnachweis umfasst in der Regel eine Hersteller- oder Behördenbescheinigung, die belegt, dass der Bediener in der Handhabung, Einrichtung und Kontrolle des GATSO GTC-GS11 eingewiesen wurde.
  • Die Schulung muss alle relevanten Aspekte der Bedienung, Datensicherung und Dokumentation abdecken.

Erforderliche Nachweise und Dokumente

Für die Überprüfung der Personaleignung sind vorzulegen:

  • Schulungszertifikate oder Bescheinigungen des Bedienpersonals, ausgestellt vom Hersteller, einer autorisierten Fachstelle oder der jeweiligen Behörde
  • Gültigkeitsdaten der Schulung
  • Im Idealfall dokumentierte Unterweisungen zu Änderungen an Hard- oder Software des Systems

Bedeutung im Rahmen der Messprüfung

  • Liegt kein aktueller Schulungsnachweis für das eingesetzte Personal vor, ist die ordnungsgemäße Durchführung der Messung formell nicht gesichert.
  • In diesem Fall besteht die Möglichkeit, die Verwertbarkeit der Messergebnisse anzufechten.

Hinweis zur Gebrauchsanweisung

Der ordnungsgemäße Einsatz eines eichpflichtigen Messgeräts setzt voraus, dass die vom Hersteller beigefügte Gebrauchsanweisung den Anforderungen gemäß PTB-A 12.02 entspricht. Insbesondere müssen darin die in der Norm DIN EN IEC/IEEE 82079-1:2021-09 definierten Pflichtinhalte vollständig und nachvollziehbar enthalten sein, um eine fehlergrenzkonforme Nutzung des Messsystems zu gewährleisten.

Die aktuelle Fassung der Gebrauchsanweisung, GATSO GTC-GS11 (Stand 12/2014), weist jedoch Defizite in mehreren dieser Pflichtinhalte auf. Folgende Vorgaben sind in der vorliegenden Dokumentation nicht oder nur unvollständig erfüllt:

  • Hinweise auf die notwendige Schulung der Verwender für Messung und Auswertung fehlen oder sind nicht explizit beschrieben.
  • Angaben zu weiteren Bedienhandlungen, die geschultem Personal vorbehalten sind, sind nur teilweise enthalten und nicht umfassend gekennzeichnet.
  • Anforderungen an das Messprotokoll gemäß Anhang B der PTB-A 12.02 / PTB-A 12.08 werden nicht behandelt.
  • Vorgaben zum Umgang mit bestehenden Installationen bei baulichen Veränderungen im Bereich der Messstelle fehlen vollständig.
  • Vorgaben zur Archivierung des Messstellen-Erstinbetriebnahmeprotokolls sind nicht enthalten.

Diese Mängel stehen der Forderung entgegen, dass die Gebrauchsanweisung alle für einen regelkonformen Einsatz relevanten Informationen bereitstellt.

Messortprüfung beim GATSO GTC-GS11

Bei der Überprüfung des Messorts wird die Einrichtung und Dokumentation der Messstelle begutachtet. Ziel ist es festzustellen, ob die örtlichen Gegebenheiten die ordnungsgemäße Durchführung der Verkehrsüberwachung mit dem GATSO GTC-GS11 ermöglichen.

Prüfung der Messstelle

  • Die Messstelle wird einer oberflächlichen Sichtprüfung unterzogen, um offensichtliche Mängel auszuschließen.
  • Es wird kontrolliert, ob die Haltelinie gut sichtbar und eindeutig erkennbar ist.
  • Die Position und der Zustand der Induktionsschleifen in der Fahrbahn werden überprüft.
  • Die Dokumentation der Messstelle (z. B. Lageplan, Skizzen, Fotos) muss vollständig und nachvollziehbar vorliegen.

Eine korrekte und nachvollziehbar dokumentierte Messstelle ist Voraussetzung für die Validität der erfassten Messdaten und für die spätere Beweisführung im Ordnungswidrigkeitenverfahren.

Inbetriebnahme des GATSO GTC-GS11

Die sachgerechte Inbetriebnahme der Messstelle ist ein zentrales Kriterium für die Nachvollziehbarkeit und Gültigkeit der Verkehrsüberwachung mit dem GATSO GTC-GS11. Im Rahmen eines verkehrsmesstechnischen Gutachtens wird die Inbetriebnahme anhand verschiedener technischer und formaler Vorgaben geprüft.

Bedeutung der Inbetriebnahme

Die Inbetriebnahme umfasst alle Schritte, die zur erstmaligen oder erneuten Einrichtung und Aktivierung der Messstelle erforderlich sind. Dazu gehören die Installation, Konfiguration und Dokumentation aller Systemeinstellungen sowie die Überprüfung der Funktion sämtlicher Messkomponenten und Schnittstellen. Eine ordnungsgemäße Inbetriebnahme ist Voraussetzung für den fehlergrenzkonformen Betrieb des Messsystems.

Erforderliche Dokumentation

Im Rahmen der Inbetriebnahme sind folgende Unterlagen und Nachweise zu erstellen und vorzuhalten:

  • Vollständig ausgefülltes Erstinbetriebnahmeprotokoll mit Angaben zu Standort, Gerätezuordnung, Einbau und Parametrierung der Induktionsschleifen sowie Anschluss der Lichtsignalanlage
  • Referenzfoto der Haltelinie zur Dokumentation der örtlichen Gegebenheiten
  • Nachweis der vorgenommenen Softwarekonfiguration und Einstellungen des Messsystems
  • Protokollierung von Änderungen an Hard- oder Software sowie baulichen Maßnahmen im Bereich der Messstelle

Diese Dokumente dienen der Nachvollziehbarkeit sämtlicher Inbetriebnahmeschritte und sind für die spätere Überprüfung der Messstelle unverzichtbar.

Grenzen der Nachträglichen Prüfung

Wie aus den vorangegangenen Ausführungen hervorgeht, ist eine nachträgliche, vollumfängliche Überprüfung der Inbetriebnahme einer stationären Messanlage allein auf Grundlage der Ermittlungsakte grundsätzlich nicht möglich. In der Regel sind die einzelnen Bedien- und Konfigurationsschritte während der Inbetriebnahme nicht dokumentiert oder liegen nicht vollständig vor. Eine vollständige Beurteilung aller für den ordnungsgemäßen Messbetrieb relevanten Kriterien ist daher aus der Aktenlage heraus nicht möglich und kann nur im Rahmen einer Befundprüfung nach dem Mess- und Eichgesetz (MessEG) erfolgen. Gleichwohl kann auf Basis der Ermittlungsakte sowie weiterer Nachweise eine eingeschränkte Prüfung vorgenommen werden, sofern bestimmte Dokumente vorliegen.

Prüfaspekte im Rahmen der Gutachtenerstellung

Bei der gutachterlichen Prüfung der Inbetriebnahme werden insbesondere folgende Aspekte betrachtet:

  • Liegen alle relevanten Protokolle und Dokumente für die Inbetriebnahme vollständig und nachvollziehbar vor?
  • Ist das Messsystem gemäß der Gebrauchsanweisung und den Vorgaben der Baumusterprüfbescheinigung installiert und konfiguriert worden?
  • Wurden nach baulichen Veränderungen oder Wartungsmaßnahmen erneute Inbetriebnahmen dokumentiert?

Bedeutung für die Verwertbarkeit der Messung

Eine lückenlose und nachvollziehbare Inbetriebnahmedokumentation ist ein wesentliches Kriterium für die gerichtsfeste Verwertbarkeit der Messergebnisse. Fehlende oder unvollständige Unterlagen können Zweifel an der Korrektheit der Messung begründen und die Verwertbarkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren einschränken.

Datenintegrität beim GATSO GTC-GS11

Die Sicherstellung der Datenintegrität ist ein zentraler Bestandteil bei der Überprüfung von Verkehrsüberwachungsmessungen mit dem GATSO GTC-GS11. Die Datenintegrität gewährleistet, dass sämtliche Messdaten und Bilddokumente nach der Erhebung unverändert, vollständig und manipulationssicher archiviert werden.

Bedeutung der Datenintegrität

Die Integrität der Messdaten ist Voraussetzung dafür, dass die Ergebnisse einer Verkehrsüberwachung als Beweismittel in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren verwendet werden können. Manipulationen, nachträgliche Änderungen oder unvollständige Datensätze beeinträchtigen die Beweiskraft und können zur Unverwertbarkeit der Messung führen.

Technische Umsetzung beim GATSO GTC-GS11

  • Alle Messdaten und Bilder werden automatisch als sogenannte Falldateien im herstellerspezifischen SDi-Dateiformat gespeichert.
  • Die Falldateien enthalten sämtliche Messwerte, Zeitstempel, Gerätezustände und Bilddokumente zu einem konkreten Verkehrsverstoß.
  • Die Integrität der Daten wird durch digitale Signaturen und spezielle Softwareverfahren sichergestellt. Dadurch sind nachträgliche Veränderungen an den Originaldaten erkennbar und ausgeschlossen.
  • Für die Übertragung, Konvertierung und Auswertung der SDi-Dateien werden folgende Programme verwendet:
    • QCDownload (Übertragung der Falldateien vom Messsystem auf ein Speichermedium)
    • QCConvert (Konvertierung der Falldateien in auswertbare Formate, z. B. JPG und TXT)
    • QEView (zertifizierte Auswertesoftware zur Überprüfung, Anzeige und Prüfung der Integrität der Falldateien)

Prüfschritte im Rahmen des Gutachtens

Bei der gutachterlichen Überprüfung werden folgende Aspekte betrachtet:

  • Vorliegen und Unversehrtheit aller Falldateien für die gesamte Messreihe
  • Überprüfung der digitalen Signatur bzw. der Integritätskennzeichnung der SDi-Dateien
  • Kontrolle auf Vollständigkeit der dokumentierten Bild- und Messdaten pro Verkehrsverstoß
  • Abgleich der gespeicherten Messdaten mit den Anforderungen aus Gebrauchsanweisung und PTB-Vorgaben

Bedeutung für die Beweissicherung

Nur wenn die Datenintegrität nachweisbar gewährleistet ist und keine Hinweise auf Manipulation oder Datenverlust bestehen, können die erfassten Verkehrsverstöße im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens rechtssicher verwendet werden. Festgestellte Unstimmigkeiten, beschädigte Datensätze oder fehlende Falldateien können die Verwertbarkeit der Messung erheblich beeinträchtigen.

Messdatenauswertung beim GATSO GTC-GS11

Im Rahmen der Überprüfung von Verkehrsüberwachungsmessungen mit dem GATSO GTC-GS11 werden die aufgezeichneten Messdaten einer detaillierten Analyse unterzogen. Ziel ist es, die technische Nachvollziehbarkeit, Vollständigkeit und Plausibilität aller erhobenen Daten sicherzustellen.

Erfasste Messdaten

Das Messsystem GATSO GTC-GS11 dokumentiert bei jeder registrierten Verkehrsverletzung eine Vielzahl von Parametern. Zu den wichtigsten aufgezeichneten Messdaten zählen:

  • Zeitstempel der Messung
  • Kennung der Fahrspur
  • Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeugs
  • Status der Lichtsignalanlage (Ampelphasen: Gelb, Rot)
  • Auslösezeitpunkte der Induktionsschleifen (Schleifenauslösungszeit)
  • Abstand der zweiten Induktionsschleife zur Haltelinie
  • Berechnete Rotzeit und vorzuwerfende Rotzeit (bei Rotlichtmessungen)
  • Seriennummern und Identifikationsdaten der eingesetzten Messhardware

Zusätzlich werden in der Falldatei Bilddokumente gespeichert, auf denen die Verkehrssituation sowie wesentliche Messwerte eingeblendet sind.

Prüfung der Messdaten im Gutachten

Im Rahmen des Gutachtens erfolgt eine umfassende Prüfung der Messdaten auf folgende Punkte:

  • Vollständigkeit: Es wird kontrolliert, ob alle relevanten Parameter für jede Messung vollständig dokumentiert wurden.
  • Plausibilität: Die Messwerte werden daraufhin überprüft, ob sie technisch nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind (z. B. Konsistenz zwischen Geschwindigkeit, Schleifenauslösungszeit und Rotzeit).
  • Korrekte Einblendung: Auf den Bilddokumenten müssen alle wesentlichen Messdaten korrekt und eindeutig eingeblendet sein.
  • Abgleich mit Systemprotokollen: Die gespeicherten Messwerte werden mit den Angaben aus der Systemdokumentation, den Eichunterlagen und der Gebrauchsanweisung abgeglichen.

Bedeutung der Messdaten

Nur wenn alle aufgezeichneten Messdaten vollständig, nachvollziehbar und fehlerfrei dokumentiert sind, kann die technische Zuverlässigkeit der Messung bestätigt werden. Unvollständige oder inkonsistente Datensätze können Zweifel an der Messung begründen und die Verwertbarkeit im Verfahren beeinträchtigen.

Rotzeitauswertung beim GATSO GTC-GS11

Die Auswertung und Nachberechnung der Rotzeit ist ein zentraler Bestandteil bei der Überprüfung von Rotlichtverstößen mit dem GATSO GTC-GS11. Ziel ist es, festzustellen, ob die vorzuwerfende Rotzeit korrekt ermittelt und nachvollziehbar dokumentiert wurde.

Abbildung: Ermittlung der Rotzeit nach GATSO, GTC-GS11 Gebrauchsanweisung 122014

Grundlagen der Rotzeitermittlung

Bei Rotlichtmessungen gibt das System zunächst die sogenannte Schleifenauslösungszeit an. Diese beschreibt die Zeitspanne zwischen Beginn der Rotphase und dem Überfahren der zweiten Induktionsschleife durch das Fahrzeug. Da die zweite Induktionsschleife nicht exakt auf Höhe der Haltelinie liegt, muss zur Ermittlung der tatsächlichen vorzuwerfenden Rotzeit eine Nachberechnung erfolgen.

Nachberechnung der vorzuwerfenden Rotzeit

Die vorzuwerfende Rotzeit wird durch Addition der gemessenen Schleifenauslösungszeit und der für die Reststrecke bis zur Haltelinie benötigten Zeit berechnet. Die Berechnung erfolgt mit folgender Formel:

Rotzeit = Schleifenauslösungszeit + (Abstand zweite Schleife zur Haltelinie / Geschwindigkeit)

Dabei ist zu beachten:

  • Die Schleifenauslösungszeit wird durch das Messsystem automatisch erfasst.
  • Der Abstand zwischen der zweiten Induktionsschleife und der Haltelinie wird bei der Inbetriebnahme der Messstelle bestimmt und dokumentiert.
  • Die Geschwindigkeit des Fahrzeugs wird zum Zeitpunkt der Schleifenüberfahrt durch das System gemessen.
Abstand der Fahrzeugposition zur Haltelinie GATSO GTC-GS11
Abbildung: Abstand der Fahrzeugposition zur Haltelinie GATSO GTC-GS11

Berücksichtigung von Toleranzen

Bei der Nachberechnung der Rotzeit sind die in der PTB-A 12.02 festgelegten Verkehrsfehlergrenzen sowie mögliche Toleranzen zu berücksichtigen. Abweichungen durch Messunsicherheiten oder systembedingte Verzögerungen müssen gemäß den aktuellen Vorgaben dokumentiert und gegebenenfalls auf den Messwert angerechnet werden.

Prüfung der Rotzeitauswertung im Gutachten

Im Rahmen des Gutachtens werden folgende Aspekte geprüft:

  • Korrekte Dokumentation der gemessenen Schleifenauslösungszeit
  • Nachvollziehbarkeit des verwendeten Schleifen-Haltelinie-Abstands
  • Plausibilität der gemessenen Geschwindigkeit und ihrer Einbeziehung in die Rotzeitberechnung
  • Einhaltung der geltenden Fehlergrenzen und Toleranzvorgaben
  • Nachweis der vollständigen und fehlerfreien Berechnung in der Falldokumentation
  • Kontrolle, ob alle relevanten Werte in der Falldatei und auf den Bilddokumenten korrekt eingeblendet sind

Auswertung der Bilddokumente

Auf den vom Messsystem erzeugten Bilddokumenten müssen die für die Rotzeitauswertung relevanten Werte eindeutig ablesbar sein. Dazu zählen insbesondere:

  • Beginn der Rotphase (Zeitpunkt des Umschaltens)
  • Zeitstempel der Schleifenauslösung
  • Vorzuwerfende Rotzeit
  • Kennzeichnung der Fahrspur und Fahrzeugposition

Bedeutung für die Beweisführung

Die korrekte und transparente Auswertung der Rotzeit ist entscheidend für die Nachweisführung eines Rotlichtverstoßes. Unstimmigkeiten oder fehlende Nachweise bei der Rotzeitauswertung können dazu führen, dass das Messergebnis im Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht verwertet werden kann.

Häufige Fehler bei der Konformitätserklärung für GATSO GTC-GS11

Bei Überprüfungen der Konformitätserklärungen für das Messsystem GATSO GTC-GS11 stellen wir bundesweit regelmäßig fest, dass die vorgelegten Nachweise oftmals auf nicht einschlägige PTB-Anforderungen verweisen. Besonders häufig wird die PTB-A 18.11 und PTB-A 18.12 für stationäre Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachungsgeräte als Grundlage genannt, obwohl für den Betrieb als Rotlichtüberwachungsanlage und Geschwindigkeitsüberwachung ausschließlich die PTB-A 12.02 und 12.08 maßgeblich ist.

Ausschnitt aus der Konformitätserklärung GATSO GTC-GS11
Abbildung: Ausschnitt aus der Konformitätserklärung GATSO GTC-GS11

Diese fehlerhafte Bezugnahme stellt die formale Konformität des Messsystems in Frage und kann dazu führen, dass die Verwertbarkeit der mit dem GATSO GTC-GS11 erhobenen Messdaten nicht gewährleistet ist.

PTB Quelle: https://www.ptb.de/cms/ptb/fachabteilungen/abt1/fb-13/ag-131/archiv-der-ptb-anforderungen.html

Häufige Auffälligkeiten beim Messprotokoll GATSO GTC-GS11

Bei der gutachterlichen Überprüfung von Messvorgängen mit dem GATSO GTC-GS11 wird signifikant häufig festgestellt, dass für dieses Messgerät entweder kein Messprotokoll oder ein fehlerhaftes Messprotokoll geführt wurde. Diese Auffälligkeit tritt beim GATSO GTC-GS11 im Vergleich zu anderen Messsystemen besonders häufig auf.

Das Messprotokoll ist jedoch ein zentrales Nachweisdokument für die ordnungsgemäße Durchführung und Kontrolle der Messung. Fehlen des Protokolls oder fehlerhafte Eintragungen können die Nachvollziehbarkeit und Rechtssicherheit der Messung erheblich beeinträchtigen.

Typische Mängel sind:

  • Vollständiges Fehlen des Messprotokolls trotz dokumentierter Messung
  • Unvollständige oder fehlerhafte Eintragungen relevanter Parameter
  • Protokolle, die nicht den Vorgaben der PTB-Anforderungen oder der Gebrauchsanweisung entsprechen

Diese Auffälligkeiten führen regelmäßig dazu, dass die Verwertbarkeit der Messergebnisse des GATSO GTC-GS11 in Frage gestellt werden kann.

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Als unabhängige Sachverständige im Bereich der Verkehrsmesstechnik unterstützen wir Sie bei der Überprüfung von Rotlicht- und Geschwindigkeitsmessungen mit dem GATSO GTC-GS11. Wir erstellen fachlich fundierte Gutachten, prüfen alle technischen und formalen Aspekte der Messung und dokumentieren potenzielle Fehlerquellen nachvollziehbar.

Ob Sie als Betroffener oder als Verteidiger im Ordnungswidrigkeitenverfahren handeln – unsere Gutachten bieten eine verlässliche Grundlage, um die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Messung zu bewerten. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie eine unabhängige Prüfung oder eine gutachterliche Stellungnahme zum GATSO GTC-GS11 benötigen.

Über den Author
M.Sc. Caner Aygün

M.Sc. Caner Aygün

Ingenieur und Sachverständiger für Verkehrsmesstechnik

Seit meiner Studienzeit beschäftige ich mich intensiv mit Messmethoden und -verfahren. Seit 2022 bin ich als Sachverständiger für Verkehrsmesstechnik tätig und erstelle Gutachten für Anwälte und Gerichte.

Verkehrsmesstechnink Nord 4.873 5

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